2. SZENE: Hegel Therapie
Eine Ich-heit tritt ein, eine Bezogenheit durch Abständigkeit.
Ich sieht das Pferd.
Ich sieht den Blumentopf und äußert einen ver-mein-tlichen Besitzanspruch.
Der Gegenstand ist nämlich die Wahrheit des Ichs.
Gedankenstrom: Muss man sich immer in eine Beziehung setzen? Wie viel Vermittlung ist ratsam, kann man zuviel vermittelt sein? Ich ist nicht anders als die Gegenstände, Ich-Vergegenständlichung.
Therapeut:in (stream of consciousness): “Was sehen Sie da?”
Ein Pferd. (Person dreht sich um) Ach nein, ein Blumentopf.
Ist das Pferd hinter mir noch da? Ich sehe ihn nämlich nicht mehr. Die frontale Ausrichtung meiner Sicht hindert mich daran, das Pferd zu sehen, das vielleicht immer noch hinter mir sein könnte.
Nun steht ein Blumentopf vor mir. Die Negation des Pferdes liegt mir im Rücken.
Ich mit Pferd ist gewesen, nun bin ich mit dem Blumentopf.
Therapeut:in: “Was bedeutet das für (ihr) Ich? (Das) (Ihr) Ich bleibt oder ist nur durch das Ausschalten der Dinge, die nicht (dem) (ihrem) Ich zugehören.”
Ich könnte mit allem sein. Wenn ich die Lampe jedoch ausschalte, sehe ich nichts und habe keine Wahrheit mehr. Also kann es nichts geben, wenn ich nichts sehe und dadurch nichts weiß.
Ich befinde mich immer auf einer bestimmten Stufe (der Vermitteltheit). Ich kann mich in einen Modus der Bedeutungslosigkeit begeben, in einen beziehungslosen Zustand, um dann zu erkennen, dass das eine Illusion war.
Wesentlich ist der Gegenstand ja nicht selbst, sondern nur, wenn es seinen Schatten wirft und Tiefe zeigt, wenn es da ist, weil er mich zeigt, wie ich ihn sehe. Wie gesagt, ich kann die Lampe ausschalten und er ist weg, oder ich lasse sie an und alles ist, weil es meins ist. Dieses alles kann - Licht aus - auch nichts sein. Ich weiß es nicht.
Therapeut:in (stream of consciousness): “Sieht auch jemand anderes?“ “Können Sie einfach Sehen, ‘gleichgültig gegen das, was noch beiher spielt’?”
Das weiß ich nicht. Es kann schon sein, dass jemand anderes das Pferd auch sieht. Dann sieht er das Pferd von links und ich von rechts, er von da und ich von hier. Der Unterschied ist, dass sich die Perspektive ändert. Die eine oder die andere ist jedoch nicht wahrer. Einmal ist das Pferd von da, einmal von hier zu sehen, na und? Wenn ich mich aber umdrehe und den Blumentopf sehe, ist das Pferd nicht mehr da: der Faden durchbrochen, der Bezug aufgelöst. Nichts hält die Dinge zusammen. Ich fühle mich auf einer Stufe stehen geblieben, merke aber, dass es nur um diese Stufen, Dimensionen zu tun ist, die nicht mehr anhalten können, ich möchte die Art der Bewegung mitmachen und sie ausdrücken können.
Therapeut:in: Sie haben nun gesehen, dass sich die Gegenstände um Sie herum anordnen.
Therapeut:in: Wir sind mit der Sprache hinterher, wir können das Einzelne, was wir meinen nicht aussprechen. Alles, was wir wissen, ist, dass sich die Bezüge ändern. Die Beziehungen können wir beobachten und verändern.”
Therapeut:in (stream of consciousness): “Wo sind sie?“ “Es wird darum gehen, diese Dinge ganz genau auszusprechen, auch wenn sie sich dann wieder in ein anderes oszillieren.”
still therapist: Versuchen sie sich doch von der Gegenständlichkeit ihres Ich-Bezugs zu lösen! All die Stufen und Dimensionen, die sie beschrieben haben, sind ledigliche vergegenständlichte Versionen ihres Selbst. Befreien sie sich von dieser kindlichen, geradezu stupiden Ich-Setzung. Als würden sie mit dem Finger wild um sich ziegen und jedesmal frustriert behaupten, das bin Ich, das auch und das auch… Gut, vielleicht greife ich ein wenig vor, aber es ist einfach unerträglich. Wo ist ihr Sinn für die Allgemeinheit? Die Beständigkeit, die Idealität, die sich aus ihnen selbst heraus entfaltet und sie erhebt in ungeahnte Höhen jenseits dieser materiellen Zuschreibungen. Sie sind - wie wir alle - in der Lage aus dem Hier und Jetzt herauszuschreiten, um sich selbst, ihr Ich aus der Beschränkung und Vereinzelung zu befreien und in die Wahrheit zu führen. Hier und Jetzt. Sie. Ich.
Hier? Ich bin ja hier, jetzt, meine ich. Später bin ich dann irgendwo anders. Vielleicht kann man sagen, ein Ich ist hier und das andere ist da. Oder: Ein Ich ist jetzt hier; ein Anderes wird draußen dann sein. Ich bin ja, aber ich bin vieles. Wenn Sie mich hier festkleben würden, dann wäre ich hier und jetzt, und könnte mit dieser Couch zusammenwachsen. Das wäre mir lieb, denn ich will ja irgendwo sein und nicht überall. Diese Grenzenlosigkeit ist unfassbar anstrengend. Auch wenn mein Körper durch seine frontale Ausrichtung begrenzt ist, die Negation mir im Rücken liegt, kann ich mich dennoch umdrehen.
Therapeut: “Das Verhältnis hat sich schon geändert. Was Sie beschäftigt, ihr Gegenstand ist wieder bedeutungslos geworden, abgeblendet.”
Bewegung: Von hier nach dort und wieder zurück. Dabei ist nichts passiert, kein Prozess, der seine Spuren hinterlassen hätte. Es ist alles gleich-gültig.
Ich behaupte: Ich bin absolut NICHT gleichgültig gegen mein Ich, meine Meinung, diesen Gegenstand oder was auch immer… Genau und gerade deswegen bin ich ja hier. Diese ständige Allgemeinheit und Vermittlung! Früher dachte ich auch immer alle könnten alles verstehen, wenn sie nur wöllten. Ja: wöllten!? Was soll das sein? Ein konjunkitivierter Wille? Nur weil wir in der Lage sind Dinge zu sagen, die niemals gemeint sein können, wird sich das Gesagte nicht in das Gemeinte verwandeln. Allgemeinheit hin oder her! Was ich meine ragt so weit in mein Meta-Allgemeinheits-Ich, dass ich es für alle sage, als Wahrheit für alle. Klar reflektiert. Ich bin werdendes Bewusstsein selbst. Und nicht gleichgültig! Deswegen bin ich hier!